Gemeinnützigkeitsrecht – Was Orga­nisationen wissen müssen

Die Anerkennung als gemeinnützige Organisation ist für viele Vereine von großer Bedeutung. Sie ermöglicht steuerliche Vergünstigungen, verbessert die öffentliche Wahrnehmung und stärkt die finanziellen Spielräume. Doch das Gemeinnützigkeitsrecht ist komplex: Der Status der Gemeinnützigkeit wird regelmäßig vom Finanzamt geprüft und kann bei Verstößen entzogen werden.
Neben Chancen wie Steuerbefreiungen und dem Recht auf Ausstellung von Spendenquittungen birgt das Gemeinnützigkeitsrecht auch Risiken – etwa bei unklarer Mittelverwendung oder fehlerhafter Satzung.
In unserem Beitrag geben wir einen Überblick über das Gemeinnützigkeitsrecht, klären über die Vorteile der Gemeinnützigkeit auf und verraten typische Fehler, die es zu vermeiden gilt.

Gemeinnützigkeitsrecht: Das Wichtigste auf einen Blick

  • Zentrale Rechtsgrundlage: §§ 51 bis 68 Abgabenordnung (AO)
  • Gemeinnützigkeit erfordert: Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit, Unmittelbarkeit
  • Typische Zwecke: Bildung, Sport, Kultur, Umwelt, Hilfe für Bedürftige
  • Steuervorteile: Befreiung von Körperschaft-, Gewerbe- und teilweise Umsatzsteuer; Ausstellung von Spendenquittungen
  • Pflichten: Satzungskonformität, Mittelverwendung, Dokumentation
  • Risiken: Aberkennung der Gemeinnützigkeit, Rückforderungen, Haftung

Was ist das Gemeinnützigkeitsrecht?

Das Gemeinnützigkeitsrecht ist Teil des deutschen Steuerrechts und definiert die Voraussetzungen, unter denen Organisationen wie Vereine, Stiftungen oder GmbHs als gemeinnützig anerkannt werden und welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben. Die wichtigsten Regelungen finden sich in den §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung (AO). Dort sind die Anforderungen an Satzung, tatsächliche Geschäftsführung und zulässige Zwecke detailliert geregelt.

Wann ist eine Organisation gemeinnützig?

Gemeinnützigkeit liegt vor, wenn eine Organisation die folgenden Zwecke verfolgt, die das Gemeinwohl fördern:

§ 55 Selbstlosigkeit

(1) Eine Förderung oder Unterstützung geschieht selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden und wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind:
Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder oder Gesellschafter (Mitglieder im Sinne dieser Vorschriften) dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. Die Körperschaft darf ihre Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden.
Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten.
Die Körperschaft darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen.
Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Grundsatz der Vermögensbindung). Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden soll.
Die Körperschaft muss ihre Mittel vorbehaltlich des § 62 grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen. Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Satz 1 gilt nicht für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45 000 Euro.
(2) Bei der Ermittlung des gemeinen Werts (Absatz 1 Nummer 2 und 4) kommt es auf die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt an, in dem die Sacheinlagen geleistet worden sind.
(3) Die Vorschriften, die die Mitglieder der Körperschaft betreffen (Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4), gelten bei Stiftungen für die Stifter und ihre Erben, bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Körperschaft sinngemäß, jedoch mit der Maßgabe, dass bei Wirtschaftsgütern, die nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes aus einem Betriebsvermögen zum Buchwert entnommen worden sind, an die Stelle des gemeinen Werts der Buchwert der Entnahme tritt.

Link zum Gesetz

§ 56 Ausschließlichkeit

(1) Eine Körperschaft verfolgt unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht. Das kann auch durch Hilfspersonen geschehen, wenn nach den Umständen des Falls, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist.
(2) Eine Körperschaft, in der steuerbegünstigte Körperschaften zusammengefasst sind, wird einer Körperschaft, die unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, gleichgestellt.
(3) Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die §§ 14 sowie 65 bis 68 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der nach Satz 1 zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind.
(4) Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet.

Link zum Gesetz

Dazu gehören u. a.:

  • Förderung von Wissenschaft und Forschung
  • Bildung und Erziehung
  • Kunst und Kultur
  • Sport
  • Umweltschutz
  • Jugend- und Altenhilfe
  • Unterstützung hilfsbedürftiger Personen

Zentrale Kriterien der Gemeinnützigkeit

1. Satzung

Die Satzung muss die gemeinnützigen Zwecke klar und vollständig beschreiben. Besonders wichtig: Die Formulierung muss den Vorgaben der Mustersatzung in Anlage 1 zur AO entsprechen.

2. Selbstlosigkeit & Mittelverwendung

Gemeinnützige Organisationen dürfen keine Gewinnausschüttung an Mitglieder oder Dritte vornehmen. Sämtliche Einnahmen müssen zeitnah und ausschließlich für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Wird ein Verein beispielsweise aufgelöst, gilt die Vermögensbindung zugunsten anderer gemeinnütziger Organisationen.

3. Tatsächliche Geschäftsführung

Nicht nur die Satzung zählt, auch die tatsächliche Tätigkeit muss den gemeinnützigen Zielen entsprechen. Finanzämter prüfen regelmäßig, ob die Organisation so handelt, wie es die Satzung vorgibt.

Im Gemeinnützigkeitsrecht geregelte steuerliche Vorteile

Ein anerkannter gemeinnütziger Verein profitiert u. a. von:

  • Körperschaft- und Gewerbesteuerbefreiung
  • ermäßigter Umsatzsteuer für bestimmte Leistungen
  • Ausstellung von Spendenbescheinigungen (Zuwendungsbestätigungen)
  • erleichtertem Zugang zu öffentlichen Fördermitteln

Diese Vorteile führen zu echter finanzieller Entlastung und können den Handlungsspielraum eines Vereins erheblich erweitern.

Wie erfolgt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit?

Erstprüfung: Bei Neugründung erfolgt eine Prüfung durch das Finanzamt. Voraussetzung ist eine entsprechend formulierte Satzung sowie die tatsächliche Verfolgung der genannten Zwecke. Die Gemeinnützigkeit wird durch eine Bescheinigung, den Freistellungsbescheid, dokumentiert.

Laufende Prüfung: Alle 3 Jahre mit der Körperschaftsteuererklärung – inkl. Nachweise zur Mittelverwendung und tatsächlichen Geschäftsführung.

Wichtig: Änderungen in der Satzung müssen dem Finanzamt gemeldet und erneut genehmigt werden.

Mögliche Rechtsformen gemeinnütziger Organisationen

Gemeinnützigkeit ist nicht an eine bestimmte Rechtsform gebunden. Typische Formen sind:

  • eingetragener Verein (e. V.)
  • gemeinnützige GmbH (gGmbH)
  • Stiftung
  • gemeinnützige UG
  • Genossenschaft (eG)

Pflichten & Risiken: Was gemeinnützige Organisationen beachten müssen

Pflichten:

  • ordnungsgemäße Buchführung
  • Mittelverwendung dokumentieren
  • zeitnahe Ausgaben gemäß Satzungszweck
  • jährliche Steuererklärungen mit Anlage GEM

Risiken bei Verstößen:

  • Verlust der Gemeinnützigkeit
  • Rückzahlung von Steuervorteilen
  • persönliche Haftung von Vorstandsmitgliedern (§ 31 BGB, i. V. m. AO)

FAQ – häufige Fragen zum Gemeinnützigkeitsrecht

Welche Vorteile bringt der Status der Gemeinnützigkeit?

Steuerbefreiungen, Spendenbescheinigungen, Fördermittelzugang.

Wie wird die Gemeinnützigkeit vom Finanzamt geprüft?

Erstprüfung über Satzung, regelmäßige Prüfung über Steuererklärungen.

Welche Rechtsformen können gemeinnützige Organisationen annehmen?

 Eingetragener Verein (e. V.), Stiftung, gemeinnützige GmbH (gGmbH), gemeinnützige UG (gUG), Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Welche Rechtsform ist für einen gemeinnützigen Verein ideal?

Meist: e. V. – einfache Gründung, etabliert, anerkannt.

Welche Pflichten müssen gemeinnützige Organisationen erfüllen?

Zweckgebundene Mittelverwendung, formgerechte Satzung, transparente Buchführung, ordnungsgemäße Mittelverwendung, regelmäßige Berichterstattung an das Finanzamt.

Was passiert bei Fehlern in der Mittelverwendung?

Rückforderungen, Aberkennung, Haftung.

Fazit zum Gemeinnützigkeitsrecht

Das Gemeinnützigkeitsrecht ist ein wirkungsvolles Instrument zur Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit. Es verlangt aber auch präzise Satzungsarbeit, korrekte Mittelverwendung und steuerlich saubere Dokumentation. Wer diese Vorgaben kennt und umsetzt, profitiert von langfristiger Planungssicherheit und öffentlicher Anerkennung.

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